Pressetext Interview Seit seinen ersten Anfängen im September 1999 hat der Knauserer eine ständig wachsende Fangemeinde. Grund genug für uns der Initiatorin des Knauserers, Frau Michaela Brötz, einige Fragen zu stellen: Was ist der Knauserer, für alle, die ihn noch nicht kennen? Der Knauserer ist eine der größten (und auch eine der wenigen) Homepages im deutschen Sprachraum zum Thema sparsam Leben, einfacher Leben, Konsum- reduktion. Nicht nur zu Weihnachten häufen sich die Klagen über Konsumterror, Werbe- bombardement, Schuldenfalle und Lohnsklavenarbeit. Das vom momentanen Turbokapitalismus amerikanischer Prägung vorgeschlagene Modell von Karriere und Konsum läßt viele am Sinn des Lebens zweifeln. Der Mensch wird zum Konsumenten degradiert, der sich nur ja nicht die Frage "Brauche ich das alles wirklich" stellen darf. Das System zeigt mehr und mehr seine Schattenseiten. Viele bleiben auf der Strecke und müssen neidvoll anerkennen: Wer Geld hat, schafft an. Nicht nur in der Wirtschaft sondern auch in Belangen der Moral und Politik. Ehrenwerte Berufe wie Hausfrau, Mutter oder das Ehrenamt werden angesicht der Tatsache, dass sie kein Geld einbringen, zu mehr MISSachteten als GEachteten Tätigkeiten. Dennoch mangelt es der modernen Welt an wahren Alternativen zur aktuellen Lage des Konsumwahnsinns. Vielleicht ist aber gerade das Eindämmen des eigenen Konsums eine Lösung, die wenigstens die vielen häßlichen Gesichter der Konsumgesellschaft etwas entzerren kann. Wir unterstützen diese neue Idee der Konsumreduzieren mit dem webgrößten Spartipplexikon mit 2000 Einträgen, einer sehr beliebten monatlichen Newsletter mit dem Namen "Der Knauserer", mit einem Forum und massenhaft Informationen. Dabei geht es - und das ist uns wichtig - nicht darum, so billig wie möglich zu konsumieren und ständig Schnäppchen hinterherzurennen, sondern durch den bewußten Verzicht auf Dinge, das Leben zu entrümpeln, so zu vereinfachen und die Lebensqualität steigern. Wir sind gegen übersteigerten Konsum und seine Heilsbotschaften. Wir wollen WENIGER KONSUM (und nicht billigeren). Wie bist du auf die Idee mit dem Knauserer gekommen? Wie kam es zur Idee zur Zeitung, zum Lexikon und zur Homepage? Die Idee hat sich langsam entwickelt. Ich war ein sehr "armer" Student. Die Anführungszeichen deshalb, weil ich trotz des knappen Budget sehr glücklich war mit meinem Leben. Und als ich mein Studium beendet habe, habe ich mir geschworen, meine Konsumgewohnheiten nicht radikal zu ändern. So bin ich selber zum Knauserer geworden. Ich habe dabei auch immer Spartipps gesammelt und in eine Excel-Tabelle eingetragen. 1999 kam mir dann die Idee diese Tabelle als HTML-Tabelle zu veröffentlichen. Ab und zu kam dann ein positives Echo und mir fiel eine amerikanische Newsletter (der Dollarstretcher) in die Hand. Die Idee und der Ansporn gefiel mir und ich rief im März 2000 die Newsletter in die Welt. Ende 2000 waren es bescheidene 50 Leser. Doch die Bewegung bekam eine Dynamik und heute zählen wir über 1700 ständige Leser, Tendenz stark steigend. Die Beliebtheit der Seite hat uns jetzt bewogen, mit neuem Design und dem Einsatz von Datenbanken nochmal neu durchzustarten. Warum tust du das? Mir gibt diese Sparsamkeit Antworten auf so vieles. So viele Probleme der modernen Gesellschaft könnten durch einen anderen, verantwortungsvolleren Konsum gemindert, wenn nicht gelöst werden. Diese Möglichkeiten möchte ich aufzeigen. Ich möchte aber nicht missionieren. Sparsamkeit ist ein Weg, den jeder für sich selber wählen kann. Eine Option sozusagen. Es macht mir persönlich auch großen Spaß, Dinge zu hinterfragen und meine Erkenntnisse im Knauserer weiterzugeben und zur Diskussion zu stellen. Dieser Austausch ist mir sehr wichtig, da er außerhalb des Internets nur wenig stattfindet. Kurz gesagt, der Knauserer ist für mich persönlich etwas Sinnhaftes. Es bringt mir wirklich viel und von dieser Freude möchte ich auch etwas weitergeben. Ist der Knauserer etwas Politisches für dich? Im Sinne links - rechts, alternativ - konservativ - dann muss ich sagen, eindeutig NEIN. Mir macht gerade die Vielfalt jener Menschen Spaß, die sich unter dem Dach des Knauserers ansammeln. Oft geht es im Forum dann auch kontrovers her, aber gerade Diskussionen halten die Bewegung in Schwung. Andererseits wenn ich Politik als berechnendes, zielgerichtets Verhalten definiere - dann JA. Allerdings sind wir keine militanten Globalisierungsgegner. Wir verfolgen eher eine Politik der "kleinen Schritte" weg vom Überkonsum hin zu einem verantwortungsvollen Konsumieren. Frei nach dem Motto: "Jede Flasche Holundersirup, die anstatt Pepsi oder Cola geleert wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung." Was ist der typische Knauserer? Den typischen Knauserer gibt es nicht. Mich überrascht immer wieder selber, wie viele unterschiedliche Leute sich beim Knauserer treffen. Vom Studenten bis zum Manager, Männlein wie Weiblein, Hochverschuldete halten sich die Waage mit Sparefrohs mit wohlproportionierten Bankkonten, Arbeitslose und Workaholics, ... Ganz grob kann ich die Knauserer aber in zwei Gruppen einteilen: MUSS-Sparer und WILL-Sparer. Die erste Gruppe hat sich durch eine finanzielle Not- oder besser gesagt Engsituation besonnen, dem ewigen Neuverschulden ade gesagt und die Konsumbremse gezogen. Meine Aufzeichnungen sagen mir, dass die meisten zu MUSS-Sparern werden, weil sie mehrere Kinder haben. Oft bekomme ich von dieser Gruppe zu hören, dass das Sparen eine Belastung ist und am Selbstbewußtsein nagt. Es gibt aber immer wieder welche, die mir schreiben, dass sie froh sind, diesen Weg gefunden zu haben. Die WILL-Sparer sind nun die eigentlichen Aliens der Konsumgesellschaft. Leute in gut bis hochdotierten Jobs, vom Beamten bis zum Chefprogrammierer etc. Diese Gruppe hat im allgemeinen kein Problem zuzugeben, dass sie den Cent schon mal einmal öfter umdrehen. Gar zu gerne wird in den Medien der sparsame Mensch als verschrobener Einzelgänger dargestellt, sei es als in WGs-lebender Dauerstudent oder als alter seniler Cordhosenträger. Nein, und ganz entschieden nein. Knauserer leben wie alle Men- schen in traditionellen Gemeinschaften wie Ehe oder Lebensgemeinschaft, haben größtenteils 1-2 Kinder, halten sich Haustiere, sind demoskopisch unauffällig. Der Konsumreduzierer ist also "nicht zu fassen". Woher nimmst du deine Spartipps? Die Spartipps kommen von überall her. Man muss nur die Augen offenhalten. So habe ich immer einen Notizblock dabei, um mir nebenbei Dinge zu notieren. Spartipps finden sich so in den Zeitschriften beim Arzt, in Gesprächen, in Leihbüchern. Oft stolpert man über interessante Adressen. Mittlerweile kommt aber der Großteil der Spartipps von engagierten Lesern und aus dem Forum. Hast du einen Lieblingsspartipp? Liebingsspartipp habe ich eigentlich keinen, aber es gibt Tipps, die man immer wieder gerne erwähnt. So gebe ich Menschen, die Probleme im Umgang mit Geld haben, oft mit auf den Weg, dass sie nicht ohne Einkaufszettel einkaufen gehen sollen (und nicht nur in den Supermarkt auch auf die Shoppingtour). In letzter Zeit hat mir aber folgender Spartipp besonders gut gefallen. So schrieb mir ein junger Mann aus Oberösterreich, dass er im Herbst immer wieder gerne bei Häusern läutet, deren Obstgarten nicht abgeerntet wurde. Und dann bietet er den Hausbesitzern an, dass er das Obst pflücken würde, wobei er einen Teil dem Hausbesitzer geben würde und einen Teil selbst behalten würde. Oft wären die Hausbesitzer sehr froh über den Vorschlag, weil sie zu alt zum Selberpflücken oder im Beruf zu eingespannt seien. Der junge Mann käme so - nach eigenen Angaben - auf so viel Obst, dass er sogar Obstsäfte pressen kann und kiloweise Marmelade einkocht. Eines meiner persönlichen Lieblingsthemen sind Beikräuter - also kochen mit Löwenzahn, Vogelmiere oder Brennnessel, all jenen Unkräutern, die normale- rweise aus heimischen Gärten schleunigst entfernt werden. Wie geht es weiter mit dem Knauserer? Nachdem jetzt die Homepage neu gestaltet wurde, möchte ich mich mehr an die Öffentlichkeit wagen. Ein erklärtes Ziel für 2005 wäre die Gründung eines Vereines. Um mehr noch veranstalten zu können und um noch mehr Menschen erreichen zu können, braucht der Knauserer Mittel und Mitarbeiter. Dafür glaube ich, wäre ein Verein die passende Plattform. Freie Mitarbeiter - das sei an dieser Stelle erwähnt - sind aber immer willkommen! Eine schöne Idee, die schon längere Zeit herumgeistert, wäre die Schaffung eines Medienkoffers für Schulen zur Konsumerziehung. Und 100 weitere Ideen ....